Pro Wildlife auf der International Whaling Commission 2024 in Lima / Peru
International Whaling Commission 2024 in Lima / Peru

Wichtiger Schritt zu besserem Schutz von Meeressäugern

Nervenkrimi auf der Walfang-Konferenz

Alle zwei Jahre findet die Konferenz der Internationalen Walfangkommission (IWC) statt, wo über den Schutz von Walen und anderen Meeressäugern verhandelt wird – 2024 wurde Ende September in Peru getagt. Auch die Tier- und Artenschutzorganisation Pro Wildlife war vor Ort, um bei den Verhandlungen einen besseren Schutz von Walen zu erreichen, und gibt hier einen Einblick in diese politische Arbeit, die ereignisreiche Konferenz und die Bedeutung der Ergebnisse.                                    Text / Fotos: Julia Kainz und Sandra Altherr, Pro Wildlife 

Warum die Internationale Walfangkommission wichtig ist

Walfang hat eine lange, blutige Geschichte. Bis in die 1980er Jahre wurden die Meeresriesen intensiv bejagt, die Bestände großer Wale schrumpften drastisch. Einige Arten wie der Blauwal wurden beinahe bis zur Ausrottung gejagt. Allein im 20. Jahrhundert wurden etwa drei Millionen Wale getötet.

1986 trat schließlich das Moratorium der Internationalen Walfangkommission in Kraft, das den kommerziellen Walfang weltweit verboten und seither Hunderttausenden Walen das Leben gerettet hat. Doch Walfang-befürwortende Staaten versuchen immer wieder, das Moratorium zu kippen. Es ist deshalb wichtig, die erreichten Erfolge immer wieder aufs Neue zu verteidigen.

Resolution gegen kommerziellen Walfang

Noch immer jagen drei Länder ganz unverholen kommerziell Wale und nutzen dabei juristische Schlupflöcher: Japan ist aus der IWC ausgetreten, Norwegen und Island haben Widerspruch gegen das Moratorium eingelegt. Es ist schockierend, dass diese drei Länder trotz Moratorium so seit 1986 fast 37.000 Wale getötet haben – und die IWC hat hierzu viel zu lange geschwiegen. Deshalb ist es für uns ein umso größerer Erfolg, dass auf der Konferenz in diesem Jahr erstmals seit 23 Jahren eine Resolution auf der Tagesordnung stand, die den kommerziellen Walfang dieser Länder verurteilt. Diese Resolution wurde sogar von Deutschland angestoßen und von der EU schließlich bei der IWC eingereicht – doch bis dahin war es ein langer Prozess:

Gemeinsam mit einigen anderen Organisationen hatte Pro Wildlife jahrelang eine solche Resolution eingefordert. Wir haben immer wieder bei der EU Druck gemacht, alarmierende Entwicklungen in den drei Walfangländern aufgedeckt und konkrete Textvorschläge für die Resolution gemacht. Im Sommer 2024 war es dann endlich so weit: Deutschland konnte die EU tatsächlich überzeugen, eine Resolution gegen kommerziellen Walfang offiziell für die IWC-Tagung im September einzureichen.

Better Oceans – Pro Wildlife auf der International Whaling Commission 2024 in Lima / Peru
Mona Schweizer von Pro Wildlife auf der International Whaling Commission 2024 in Lima / Peru

Hier prallen Welten aufeinander

Auf der Konferenz brachten auch die Walfang-befürwortenden Staaten ihre Anträge vor. Sie wollten zum Beispiel Walfang als Beitrag zur Ernährungssicherheit anerkennen lassen. Das Ziel: Walfang grundsätzlich legitimieren. Auf der Konferenz prallen Welten aufeinander – und das ist vor Ort auch spürbar. Schon bevor die Regierungsvertreter*innen der Mitgliedsstaaten abstimmten, wurde genaustens kalkuliert, welche Anträge Erfolg haben könnten und welche nicht.

Dazu muss man wissen: Damit auf der Konferenz überhaupt Abstimmungen möglich sind, muss mindestens die Hälfte der Mitgliedsstaaten anwesend sein. Bei der letzten Konferenz 2022 haben zum Beispiel alle Walfang-befürwortenden Staaten geschlossen den Saal verlassen. Dadurch waren dann zu wenige Mitglieder anwesend und über ein neues Wal-Schutzgebiet konnte nicht abgestimmt werden.

Bis zur letzten Minute Mehrheiten sichern

Wir befürchteten also, die Gegenseite könnte diese Taktik auf der diesjährigen Konferenz wiederholen und so die wichtige Resolution gegen den kommerziellen Walfang scheitern lassen. Bis kurz vor der Abstimmung war nicht klar, ob genug Stimmberechtigte anwesend sein werden. Noch kurz vor knapp organisierte die EU dann eine bislang fehlende Delegierte aus der rumänischen Botschaft in Peru. Sie erreichte die Konferenz nur eine Stunde vor der Abstimmung. Nur dadurch wurde sichergestellt, dass genug Mitgliedsstaaten für die Beschlussfähigkeit der IWC anwesend sind. Die Walfang-Unterstützer konnten also die Abstimmungen nicht blockieren und verzichteten schließlich darauf, den Raum zu verlassen. Die Resolution wurde mit einer Dreiviertelmehrheit verabschiedet.

Better Oceans – Pro Wildlife auf der International Whaling Commission 2024 in Lima / Peru

Was bringt die neue Resolution?

Das Walfang-Moratorium ist eine der wichtigsten Errungenschaften im Artenschutz. Leider hat die IWC aber keine rechtlich bindenden Möglichkeiten, um Bestimmungen durchzusetzen oder Staaten für Regelverstöße zu bestrafen. Warum ist die Resolution gegen den kommerziellen Walfang trotzdem ein so wichtiger Erfolg?

Walfänger in Norwegen und Island nutzten das lange Schweigen der IWC als Argument, ihr Treiben wäre international akzeptiert. In Japan wurde gerade ein neues Fabrikschiff für den Walfang fertiggestellt und erstmals eine Fangquote für Finnwale im Nordpazifik genehmigt. Es war dringend ein starkes internationales Zeichen nötig, dass die internationale Staatengemeinschaft dies nicht akzeptiert. Insbesondere im Fall von Island kann die Resolution eine entscheidende Bedeutung haben, denn Islands Regierung steht derzeit vor der grundsätzlichen Frage, ob sie weiterhin Walfang genehmigen will. Die Resolution der IWC ist auch hier ein starkes Signal zum richtigen Zeitpunkt.

Fazit & Ausblick

Pro Wildlife zieht für die Konferenz insgesamt ein positives Fazit: Besagte Resolution kam durch, ebenso wie zwei weitere Anträge der EU auf Kooperation der IWC mit anderen Meeresabkommen. Zwei brandgefährliche Anträge der Gegenseite wurden hingegen zurückgezogen – einer wollte Walfang als Beitrag gegen den Welthunger anerkennen lassen, ein zweiter zielte gar auf ein Ende des Moratoriums ab. Aus unserer Sicht gibt es lediglich einen Wermutstropfen der IWC 2024: Der Antrag für ein Wal-Schutzgebiet im Südatlantik scheiterte erneut – und zwar an einer einzigen Stimme! Brasilien kämpft seit 26 Jahren für dieses Schutzgebiet…

Auch für die nächste IWC-Konferenz 2026 rechnen wir mit Versuchen der Gegenseite, das Walfangverbot zu torpedieren. Uns bei Pro Wildlife beschäftigt außerdem ein weiteres Thema: Wie unser neuer Bericht  https://www.prowildlife.de/small-cetaceans-report-ii-2024/ zeigt, werden jährlich rund 100.000 Delfine & Kleinwale weltweit gejagt, zum Beispiel wegen ihres Fleisches oder als Köder für die Hai-Fischerei. Deshalb arbeitet Pro Wildlife bereits jetzt mit Hochdruck daran, Verbündete dafür zu finden, diesen Missstand auf die Agenda der nächsten Konferenz zu bringen und damit einen besseren Schutz auch von kleinen Meeressäugern anstoßen zu können.

Möchtest Du mehr über die Arbeit von Pro Wildlife wissen, oder Dich im Meeresschutz engagieren? In der Better Oceans Datenbank findest Du die wichtigsten Informationen und den Kontakt zu Pro Wildlife.